Warum ist die Buchbranche von Social Media so besessen?
Vor einiger Zeit habe ich auf Threads die Frage gestellt, warum immer mehr Anbieter aus der Buchbranche den Belletristik-Autoren zu Social Media-Profilen raten. Und Social Media im gleichen Atemzug als der beste Weg angepriesen wird, wenn es ums Bekanntmachen der Bücher im Internet geht.
Diesen Blog-Beitrag veröffentliche ich wegen einer Debütautorin, die gerade an ihrem ersten Roman schreibt. Hier holt sie sich von einem Schreibcoach Wissen und Tipps und hat mir vor kurzem erzählt, dass ihr der Coach gesagt hat: "Du musst ein Instagram-Profil machen, um Leser für dein Buch zu finden!"
Aus vielen Gründen ist dieser Tipp bedenklich und in diesem Blog-Beitrag möchte ich zeigen, warum.
Auf Social Media sind wir nur zu Gast
Auf Instagram, Facebook, TikTok und LinkedIn dürfen wir als Autoren, Schreibcoaches, Lektoren, Buchcover-Designer und andere Dienstleister unsere Bücher und Angebote zeigen und für diese auch bezahlte Werbung schalten.
Doch die Follower, die wir über unsere Social Media-Profile finden, gehören nicht uns. Denn bei Social Media sind wir mit unseren Profilen nur zu Gast.
Aus verschiedenen Gründen kann das Social Media-Profil von heute auf morgen kurz- oder langfristig gesperrt werden oder ganz verschwinden. Und genau das ist leider schon einigen Autoren aus meiner Community passiert: Auf Instagram, Facebook und sogar LinkedIn, weil sie gegen Richtlinien verstoßen oder bei bezahlter Social Media-Werbung Werberichtlinien nicht eingehalten haben. Einige Autoren haben alle Follower verloren und mussten ihre Social Media-Profile nochmal neu starten.
Diese Nachricht habe ich vor kurzem von einer Belletristik-Autorin zu ihrem Instagram-Profil bekommen:
Außerdem ändern sich die Spielregeln bei Social Media regelmäßig und manchmal passieren Dinge, die wir nicht beeinflussen können (wie zB der Rückgang der Reichweiten, weil neue Content-Formate dazukommen oder die Content-Formate an Leser in anderer Weise ausgespielt werden als bisher).
Wer als Buchautor nur auf Social Media-Profile setzt, macht sich von den Seiten irre abhängig - und das sollte die Buchbranche unbedingt mit dazusagen, wenn sie Debütautoren diesen Tipp gibt.
Leser suchen nicht nur auf Social Media nach Büchern
Kein Autor dieser Welt muss einen bestimmten Weg einschlagen, nur weil es der Großteil der Belletristik- oder Sachbuch-Autoren so macht. Im Internet suchen Leser auf vielen Wegen nach Büchern und in meiner Grafik “Buchmarketing-Kreis” beschreibe ich die 3 Säulen des Online-Buchmarketings.
Säule 1: Manche Leser suchen auf Verkaufsseiten wie Amazon, der Verlagsseite, bei Distributoren im Shop wie BoD, bei Anbietern wie der Autorenwelt, im Sachbuch-Bereich über Online-Shops der Experten und noch über viele andere Verkaufsseiten nach Lesestoff.
Säule 2: Andere Leser wiederum suchen Bücher auf Suchmaschinen wie Google, Yandex, Bing oder anderen. Hier finden Leser die Autoren- oder Experten-Websites und können die Bücher darüber kaufen.
Säule 3: Und außerdem können Leser auf mittlerweile hunderten Wegen neuen Lesestoff entdecken: über Buchblogger, Podcasts, Live-Streams, Pinterest, YouTube, Blogs, Threads, Instagram, Facebook,…
Es ist deshalb nicht realistisch zu sagen, dass Social Media der einzige oder beste Weg ist, um im Internet Leser für die Bücher zu finden.
Der beste Weg baut auf eine persönliche Marketing-Strategie mit Elementen aus den beschriebenen 3 Säulen.
Es gibt nicht den einen Weg, mit dem alle Autoren Erfolg haben
Daraus ergibt sich auch, dass der Weg, den Autor X eingeschlagen hat und der ihm Erfolg bringt, für Autor Y nicht automatisch zum Erfolg führt. Auch hier ist Social Media das beste Beispiel. Denn es wird immer mehr von Videomarketing getrieben, seit TikTok auf der Bildfläche des Online-Marketings erschienen ist: Instagram übernahm die Kurzvideos und mittlerweile sind sie auch auf Facebook möglich. Auch YouTube hat die Shorts eingeführt und selbst Pinterest bietet an, Video-Content als Pins hochzuladen. Wenn ein Autor X nun gerne Videos macht, ist ein Social Media-Kanal wahrscheinlich ein guter Weg, um sein Buch bekannt zu machen. Wenn Autor Y hingegen nicht gerne Videos macht oder sich nicht in dieses Thema einarbeiten möchte, wird er aktuell weniger Erfolg damit haben.
Als Marketing-Trainerin ist mein Tipp: Sich aus den vielen Möglichkeiten im Marketing in Säule 3 einen Weg auszusuchen, der zu einem selbst passt und den man langfristig mit Freude und Spaß macht. Denn ein Buch macht man als Autor über viele Wochen und Monate bekannt.
Egal, wie das Profil aussieht: Es sagt nichts über den Erfolg des Autors aus
Immer wieder sagen mir Autoren, dass sich Verlage die Social Media-Profile von neuen Autoren ansehen. Manchmal höre ich auch, dass Verlage auf Social Media nach passenden Autoren für ihr Verlagsprogramm suchen. Hier sehen sie sich oft die Followerzahl und auch Beiträge des Autors an, um seine Haltungen einzuschätzen.
Doch diese Punkte sagen bei Social Media nichts über den Erfolg des Autors aus.
Die Followerzahl
Virale Posts
Das Design des Autoren-Profils
Die Herzchen oder Kommentare unter den Posts
Einige Beispiel aus meiner Community, wo die Autoren unter 1000 Followern haben, nicht mit Canva arbeiten oder durchgebrandete Profile haben, wenig Herzchen oder Kommentare bekommen - und ihre Bücher dennoch verkaufen.
Sachbuch-Autorin Maren hat bei Instagram aktuell 455 Follower und verkauft ihre Schreibkurse. Sie baut Instagram gerade auf und nutzt kein Canva.
Belletristik-Autorin Monja hat bei Instagram aktuell 333 Follower und verkauft ihre Ebooks. Sie baut Instagram gerade auf und nutzt kein Canva.
Petra ist Autorin mit mehr als 20 veröffentlichten Romanen, hat in Deutschland mehr als 2,5 Millionen Bücher verkauft und einige ihrer Bücher wurden bisher verfilmt. Sieht man diesen Erfolg an ihrem Instagram-Profil, wo sie kein Canva nutzt?
Als Belletristik-Autorin lebt Jenny vom Schreiben und nutzt Instagram zum Vernetzen mit der Buchbranche. Sie ist eine sehr erfolgreiche Autorin. Würde man das bei ihrem Instagram-Profil vermuten?
Oft fragen mich die Autoren auch, wie sie denn möglichst oft virale Reels erstellen können. Doch auch virale Reels bringen nicht automatisch mehr Leser oder Buchverkäufe und sagen nichts über den Erfolg des Autors aus.
Belletristik-Autorin Annette hat vor einiger Zeit ein Reel gepostet, das ihr 14.400 Aufrufe gebracht hat. Damit hat sie nicht automatisch mehr Follower - mit anderen Reels, die weniger Aufrufe haben, findet sie hingegen neue Leser und verkauft ihre Romane.
Auch Belletristik-Autorin Christine postet Reels, die ihr im Vergleich zu anderen Reels sehr viele Aufrufe bringen. Mit anderen Reels, bei denen sie viel weniger Aufrufe hat, findet sie hingegen öfter neue Leser und verkauft ihre Romane besser.
Die einzigen Zahlen, die etwas über den Erfolg eines Autorenprofils aussagen, sind die, die man nicht öffentlich sieht - sondern über die Insights:
Die Profilaufrufe
Die Klicks auf die verlinkte Website
Die Buchverkäufe
Wenn sich Verlage die Autorenprofile ansehen, um mehr über die Autoren hinter den Büchern herauszufinden, erscheint mir das als guter Weg. Wenn sich Verlage die Autorenprofile hingegen ansehen, um den Erfolg des Autors einzuschätzen oder Buchverkäufe abzuschätzen, erscheint mir das als kein guter Weg.
Was ist die Alternative?
Womit sich jeder Autor eine langfristige Leser-Community aufbauen kann, ist ein eigener Newsletter. Auf diesem Weg bekommt der Autor die Kontakte der Leser und macht sich unabhängig von dem, was auf den Social Media-Seiten passiert.
Die Erfolgsfaktoren bei einem Newsletter sind aus meiner Erfahrung:
Eine tolle Kostprobe, die neuen Lesern und Kunden Lust auf mehr macht
Regelmäßige Emails
Auswertungen der Emails, die bei Themen und beim Aufbau der eigenen Liste weiterhilft
Wenn die Buchbranche Selbstverlegern und Verlagsautoren Tipps gibt, dann sollten sie lauten:
Macht euch nicht von Social Media abhängig.
Sucht euch einen Weg, der zu euch passt.
Bietet Interessenten frühzeitig einen Newsletter an
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