Interaktive Hörspiele sind die Musik der Zukunft

 

Mein Gesprächspartner: Max Rose von Audory

Max Rose Mitgründer von Audory.png

 - Audory , die Plattform für interaktive Hörspiele. Was kann man sich darunter vorstellen?

Interaktive Geschichten gibt es schon länger: Man erlebt einen Teil der Geschichte, bekommt eine Frage und je nach der jeweiligen Antwort geht es anders weiter. Durch die Möglichkeit zur Interaktion mit dem Publikum können Autoren Geschichten schreiben, die mitreißen!

Jeder kennt das Gefühl, wenn ein Charakter eine Entscheidung trifft, die man selbst nicht getroffen hätte. Mir fehlt dann häufig die Lust weiter zu lesen.

Aber das muss nicht sein! Der Trend begann mit interaktiven Büchern, vor allem für Kinder. Nachdem man ein paar Seiten gelesen hat, bekommt man eine Frage mit möglichen Antworten. Man entscheidet sich für eine der Antwortmöglichkeiten und blättert zu der angegebenen Seite. So erlebt jeder Leser seine persönliche Geschichte.

Der nächste Schritt sind die digitalen Medien. Mit interaktiven Hörspielen gibt es die Möglichkeit Geschichten zu erleben - auch ohne lesen zu müssen. Lange Autofahrten oder Abende mit der Familie können so zu einem persönlichen Abenteuer werden.

Dafür entwickle ich audory, eine Plattform für interaktive Hörspiele. Auf der einen Seite können Autoren mit unserem Editor interaktive Geschichten schreiben. Auf der anderen Seite können Leser sie nach der Vertonung anschließend in der App oder auf der Webseite kaufen oder hören.

 

- Wie hast du/habt ihr die Idee entwickelt?

Das war ehrlich gesagt Zufall. Ich habe mir das Programmieren selbst beigebracht. - Ich habe einfach Spaß daran Spiele zu entwickeln. Am Ende wollte ich ein Spiel für Blinde mit 3D-Sound programmieren und mein Freund bestand auf die Möglichkeit alternative Enden einzubauen. Die Symbiose waren dann interaktive Hörspiele.

Doch in der Entwicklung merkten wir, dass das etwas Größeres als nur ein kleines Spiel wird. Ich bin zwar kreativ, aber kann keine Geschichten schreiben. So helfe ich jetzt Autoren, die nicht programmieren können, ihre interaktiven Geschichten zu verwirklichen.

Da Softwareentwicklung lange dauert, bin ich erst jetzt - nach über 2,5 Jahren - mit dem Großteil fertig. Jetzt muss die Software nur noch genutzt werden.

 

- Wo siehst du interaktive Geschichten neben Ebooks und Audiobooks?

Gute Frage! Interaktive Hörspiele bereichern die Medienlandschaft mit Individualität und Interaktion. Sie sind das fehlende Puzzleteil zwischen Computerspielen und Hörspielen.

Ich glaube nicht, dass interaktive Hörspiele die Ebooks oder Audiobooks ersetzen können. Sie sind eine kreative Ergänzung für Hörer, die sich nicht nur berieseln lassen wollen. Wenn man selbst entscheiden kann, was passieren soll, fühlt man sich schneller mit der Geschichte verbunden. Die Immersion steigt, wenn man als Autor auf die Bedürfnisse des Hörers eingeht.

Das Interesse an interaktiven Geschichten ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Vor allem durch virtuelle Assistenten, wie Amazons Alexa und Googles Assistant, werden interaktive Geschichten immer beliebter. Es sammeln sich Apps für diese Geräte, in denen man den Lauf der Geschichte über seine Stimme steuert. Dieser Trend setzt sich in anderen Medien, wie dem Film durch. Netflix etwa produziert nun interaktive Filme.

 

- Warum sollte ein Buchautor auf eine interaktive Geschichte setzen?

Kommt diese Möglichkeit für Autoren von Sachbüchern und Romanen in Frage oder nur für eine Gruppe?

Jeder Autor hat die Möglichkeit, für sein Publikum ein individuelles Produkt zu veröffentlichen. Für die langfristige Bindung und den Aufbau einer treuen Community kann das von großer Bedeutung sein.

Außerdem erreicht man mit interaktiven Hörspielen über die App und Webseite eine neue Zielgruppe und spricht sie an. Das Smartphone hat heutzutage jeder in der Hosentasche und somit immer die Möglichkeit diese Art von Geschichten zu erleben.

Alle Autoren können interaktive Geschichten schreiben. Wie bei anderen Medien gibt es auch hier Kategorien, in denen jeder seinen Platz findet. Von Kinderbuchautoren über Sachbuchautoren und Krimiautoren bis hin zu Erotikautoren gibt es keine Grenzen.

Bei Sachbüchern zum Beispiel kann der Autor mit Fragen an den Hörer genauer auf sein spezifisches Problem eingehen. Der Hörer hört dann nur das, was wirklich relevant für ihn ist.

Ein Beispiel: In einem Sachbuch für eine neue Marketing-Strategie könnte man am Anfang die Frage stellen, ob der Hörer ein Produkt oder eine Dienstleistung vermarkten will. Mit dieser Information geht man genau auf die Bedürfnisse des Nutzers ein. Er muss sich nichts anhören, was ihn nicht interessiert.

Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt!

 

- Was brauchen Autoren, um eine interaktive Geschichte herzustellen?

Autoren benötigen einen Computer mit Tastatur und eine Internet-Verbindung, sonst nichts! Unsere Software läuft in jedem Browser und es muss nichts extra installiert werden.

Sobald man sich im Editor anmeldet, kann man mit dem Schreiben loslegen. Wenn alles fertig ist, exportiert man mit einem Klick eine PDF-Datei, die alle zu sprechenden Texte enthält. Diese PDF-Datei kann man einem Sprecher für die Vertonung zur Verfügung stellen.

Sollte es Hürden bei der Vertonung geben, unterstützt audory den Autor mit eigenen Sprechern und Kontakten. Anschließend kann man das interaktive Hörspiel veröffentlichen: Es ist direkt in der App und auf der Webseite sichtbar.


- Wie viel Budget sollten Autoren einrechnen?

Das hängt stark von der Größe des Projekts ab. Wenn wir eine interaktive Geschichte extern vertonen lassen, fallen Kosten von circa 10 Cent pro Wort an. Das wären bei einer interaktiven Geschichte mit 30.000 Wörtern circa 3.000 Euro und eine Dauer von rund 3 Stunden und 40 Minuten.

Bei der Erstellung des Covers fallen wie bei Büchern je nach Komplexität und Qualität unterschiedliche Preise an. Wir können hier zwischen 50 und 300 Euro planen.

Die Software ist und bleibt kostenlos. Dort fallen keine Kosten an und den Druck spart man sich selbstverständlich auch.

Bei der Vermarktung macht die Plattform Werbung: Wie in den Marktplätzen von Google, Amazon und Apple gibt es Ranglisten und beliebte interaktive Hörspiele, die kostenlose Werbung bekommen. Selbstverständlich kann man zusätzliches Marketing betreiben. Je nach Art des Marketing fallen hier wieder unterschiedliche Kosten an.

Außerdem gibt es keinen Verlag zwischen dem Autoren und seinem Publikum: Er kann ähnlich wie bei EBooks direkt verkaufen. Audible nimmt dafür aktuell 60 bis 75% als Provision. Audory nimmt weniger als die Hälfte; der Großteil bleibt dem Autor selbst.

 

- Die Geschichten sind in eurer eigenen App und über die Webseite verfügbar. Welche Überlegungen habt ihr, um mehr Leser zu erreichen?

Ich bin der Meinung, dass eine App und eine Webseite ausreichen, um die Leser zu erreichen.

Selbst große Player wie audible erreichen ihre Nutzer zum größten Teil über ihre Apps und Webseiten. In Zukunft planen wir eine Auto-App, die man mit der Sprache bedienen kann. Sie ist zum Beispiel für lange Fahrten mit der Familie ideal geeignet.


- Wie viel Zukunftspotential gibt es deiner Meinung nach in interaktiven Geschichten im Vergleich zu linearen?

Der Trend zu interaktiven Medien ist in vollem Gange! Die besten Beispiele hierfür sind interaktive Filme von Netflix, wie „Black Mirror: Bandersnatch“, oder Video-Spiele mit alternativen Enden wie „Until-Dawn“. Auch für Alexa gibt es bereits einen Fall von den drei ???, wo man Detektiv spielt und entscheiden kann, welcher Spur man folgen möchte.

Ich bin überzeugt, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um mit neuer Technologie ein interaktives Erlebnis zu gestalten und ein Autor des 21. Jahrhunderts zu werden!

Danke für deine Zeit!